Nicht erfolgreiche Gesetzmäßigkeiten: Chinesische Orakelknochen als Beispiel einer geschichteten Welt mit unsymmetrischer Wechselwirkung und Offenbarungskomponente.

Das Vorgehen: Auf Orakelknochen die während der Longshan-Kultur (2000-1850 v.Chr.) entstanden, finden sich die ersten Zeugnisse der Chinesische Schrift
Als Material für diese Dokumente verwendeten die Chinesen Schulterblätter von Schweinen, Schafen oder Rindern und geglättete Bauchpanzer von damals im südlichen China heimischen Schildkröten. Das bisher erst zu einem Drittel verständliche Vokabular umfasste bereits rund 3.000 verschiedene Schriftzeichen. Die Texte bestehen häufig aus Anfragen an die Ahnen. Ein Sachverhalt wurde in bejahender und verneinender Form, getrennt durch einen unbeschrifteten Zwischenraum, nebeneinandergestellt. In den freibleibenden Teil wurden Löcher gebohrt, in die glühende Bronzestäbe gezwängt wurden, so dass sich durch die Hitze ergaben. Es war das Privileg des Herrschers, die Interpretation der Dehnungssprünge vorzunehmen.
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Zur Entdeckungsgeschichte: An einem Sommertag des Jahres 1899 ging der Schriftsteller und Forscher Liu E zur Apotheke, um für seinen Freund Wang Yirong, der an Malaria erkrankt war, eine Arznei zu besorgen. Die Arznei enthielt einen zur damaligen Zeit üblichen Bestandteil, sogenannte "Drachenknochen". Liu E schaute beim Zermahlen zu und entdeckte zu seiner Verwunderung, daß sich auf den Knochenstücken eine Art Schrift befand, die zwar vertraut wirkte, die er aber dennoch nicht zu lesen vermochte. Sobald Wang Yirongs Fieberanfall vorbei war, machten sich die beiden Freunde auf, alle "Drachenknochen", derer sie in den Apotheken Beijings habhaft werden konnten, aufzukaufen. Sie entdeckten auf den Knochenstücken 1085 Inschriften in archaischen Zeichen, die älter waren", als alle bisher bekannten chinesischen Schriften. Es stellte sich heraus, daß die "Drachenknochen" Schildkrötenpanzer oder Schulterblätter von Rindern oder anderen Haustieren waren, auf denen man in der Shang und Zhou - Zeit Fragen nach dem Jagdglück oder dem Willen der Götter aufgezeichnet, und die Panzer sodann mit heißen Metallgegenständen gebrannt hatte, um aus den entstehenden Sprüngen die Antworten zu lesen.

Beispiele für Textanfragen. Die Textinhalte betrafen Fragen an die Verstorbenen, warum eine bestimmte lebende Person erkrankt sei.
"Zahnkrank. Ist das ein Fluch? Von dem verstorbenen Vater Yi?"
"Bauchschwellung. Ist das ein Fluch? Will der verstorbene Jinwu etwas vom König?"
"Der König ist krank. Hat die verstorbene Großmutter Ji ihn verflucht?"

Man geht hier von einer hirarchisch geschichteten Welt aus mit einer unsymmetrischen Wechselwirkung. Und auch unter den Menschen gibt es vorab festgelegte Ungleichheiten. Die Erfolgsquote der Anfragen dürfte minimal gewesen sein, bei Erfolg hätte sie sich mit Sicherheit durchgesetzt.



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